Um Gerechtigkeit bitten

Impuls von Carsten Albrecht

Psalm 43

Verhilf mir zu meinem Recht, Gott!

Vertritt mich vor Gericht gegen das Volk,

das sich nicht an deine Gebote hält!

Rette mich vor falschen und bösen Menschen!

Denn du bist der Gott, der meine Zuflucht ist!

Warum hast du mich verstoßen?

Warum muss ich so traurig durchs Leben gehen,

bedrängt von meinem Feind?

Sende dein Licht und deine Wahrheit!

Sie sollen mich sicher führen.

Sie sollen mich zu dem Berg bringen,

wo dein Heiligtum ist – deine Wohnung.

Dann will ich vor den Altar Gottes treten,

vor Gott, der mich mit Jubel und Freude erfüllt.

Zur Musik der Leier will ich dir danken,

Gott, du mein Gott.

Was bist du so bedrückt, meine Seele?

Warum bist du so aufgewühlt?

Halte doch Ausschau nach Gott!

Denn bald werde ich ihm wieder danken.

Wenn ich nur sein Angesicht schaue,

hat mir mein Gott schon geholfen.

 

„Verhilf mir zu meinem Recht, Gott!“ So heißt es in Psalm 43. Der Beter oder die Beterin des Psalms fühlt sich bedrängt und ungerecht behandelt, wahrscheinlich ist da jemand in großer Not. Vermutlich stammt dieser Psalm von Menschen, die in der Verbannung leben, weit weg vom Jerusalemer Tempel, der ihnen Geborgenheit gibt und wo sie sich Gottes Nähe sicher sind.

 

Womöglich kennen viele von uns Situationen, in denen auch wir uns bedrängt fühlen, in denen uns die Geborgenheit abhanden kommt und wir verzweifelt sind. Wie gehen wir mit solchen Situationen um? Mir geht es oft so, dass ich mich auf meine eigenen Kräfte verlasse. Das klappt manchmal, aber oft geht es auch schief.

 

Der Beter des Psalms hat eine interessante Art, mit seiner Not umzugehen: Er bittet Gott, er möge Gerechtigkeit schaffen. Er verzichtet darauf, selber über seine Gegner Gericht zu halten, er verfällt nicht in Selbstjustiz, er ist nicht selbst-gerecht. Ich finde es faszinierend, wie jemand, der in akuter Not ist, sich und seine Sache Gott überlassen, sich ganz Gott anvertrauen kann. Ich würde mir wünschen, dass mir das auch manchmal so gelingt.

 

Gott soll also derjenige sein, der Gerechtigkeit schafft. Das kann entlasten. Oft lässt uns diese Vorstellung aber auch an Gott zweifeln. Ungerechtigkeit ist überall auf der Tagesordnung, Kriege und Ausbeutung, Rassismus und Hetze, all das scheint in unseren Tagen zu häufig die Oberhand zu haben. Wo ist denn der Gott, der Gerechtigkeit schafft?

 

Auf diese Frage weiß dieser Impuls leider auch keine abschließende Antwort. Vielleicht können wir alle gemeinsam fragend unterwegs sein.

 

Der Verfasserin oder dem Verfasser von Psalm 43 war es auch aufgefallen, dass nicht überall Gerechtigkeit vorherrscht. Es kommt die Frage an Gott: „Warum hast du mich nur verstoßen?“ Gott kommt uns manchmal fern vor, aber er ist einer, der uns ganz nahe ist, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.

 

Wenn wir daran glauben, dass Gott in unseren Herzen wohnt, was bedeutet dann die Bitte: „Gott, schaffe Du Gerechtigkeit“? Vielleicht kommt da unsere eigene Verantwortung ins Spiel. Gott will in uns wirken, damit wir selber für mehr Gerechtigkeit eintreten können. Manchmal heißt es „Gott hat keine Hände außer unsere Hände“. Ich muss zugeben, dass mir dieser Satz einen Schritt zu weit geht. Bin am Ende doch ich für Gerechtigkeit zuständig? Das würde mich doch sehr überfordern. Und wir dürfen durchaus auf Gottes Initiative hoffen. Gott will aber, dass wir mitwirken an seiner Gerechtigkeit. Er will zusammen mit uns Gerechtigkeit schaffen, im Großen und im Kleinen, in der Weltpolitik und im Kiez.

Der letzte Satz aus Psalm 43 ist mir dabei Ermutigung und Trost zugleich: Wenn ich nur sein Angesicht schaue, hat mir mein Gott schon geholfen.

 

Wo bin ich aufgerufen, für Gerechtigkeit einzutreten?

 

Wo sollte ich mich zurücknehmen und Gott um Gerechtigkeit bitten?

 

Welche Rolle spielt die Klage über Ungerechtigkeit in meiner Beziehung zu Gott?

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