Haiku I
Xandi Bischoff
Haiku – das ist die kürzeste Gedichtform der Welt.
Haiku ist eine japanische Gedichtform, deren Anfänge auf das 16. Jh zurückgehen. Haikus drehen sich meist um Begebenheiten in der Natur, später auch um gesellschaftliche Zustände und Veränderungen.
Die Form ist streng und knapp: nur 3 Linien, nur 17 Lauteinheiten («Moren» genannt).
Hier ein Beispiel von einem Dichter namens Nakamura Kusatao (1901-1983, aus: Haiku – Gedichte aus 5 Jahrhunderten, p 255)
Trauben verzehren
Beere um Beere
Wie Wort für Wort
Mir gefällt dieser langsame Rhythmus, das Geniessen, das Verkosten, das Gelassene.
Haikus erinnern mich ans Beten. Auch beim Beten kreisen unsere Gedanken um ein Wort, meist biblisches Wort. Es bringt mich – wenn es gelingt – in die ruhige Gegenwart Gottes.
Psalmverse gleichen oft einem Haiku. Ich habe Haikus zu jedem einzelnen Psalm herausgeschrieben. Zum Beispiel zu Psalm 121:
der herr behüte dein leben
er behüte dein
kommen + gehen
eingang + ausgang
input + output
Dieses Haiku ist die destillierte Version von drei Versen aus dem Psalm, und ist als Segen komponiert: Der Herr ist dein Hüter, der Herr gibt dir Schatten; er steht dir zur Seite. Der Herr behüte dich vor allem Bösen, er behüte dein Leben. Der Herr behüte dich, wenn du fortgehst und wiederkommst, von nun an bis in Ewigkeit.
Das Bild zu diesem Haiku-Psalm stammt von Nadine Seeger und hat den Titel: «Bewegung aus dem Rücken». In unserem Buch «Psalmen destillieren» haben wir zu jedem der 150 Psalmen ein Haiku samt einer Miniatur gestaltet.
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Xandi Bischoff